Experiment Wissen – Programm der 14. Netzwerktagung

Wissen und Wissensformen in der Kulturellen Bildung sind vielfältig – geprägt durch die Vielzahl der Akteur_innen und Ansätze, die sie verfolgen, die unterschiedlichen Perspektiven und Positionen, die sie einbringen sowie die unterschiedlichen Kontexte, in denen sie sich bewegen. 

  • Welches Wissen wird in Forschung und Praxis Kultureller Bildung sichtbar, welches bleibt oft verborgen? 

  • Wie vollziehen sich Transferprozesse in der Kulturellen Bildung, welche Formate, Erkenntnisse und Forschungen gibt es dazu? 

  • Wie positionieren sich unterschiedliche Akteur_innen zu Wissenstransfer, was folgert daraus für die Weiterentwicklung Kultureller Bildung?  

Die Tagung schafft einen offenen Raum, um in Dialog über Forschungs- und Praxisperspektiven auf Wissenstransfer sowie über die mit ihnen verbundenen Prozesse und Formate zu kommen: forschend, künstlerisch, nachdenkend, reflektierend, erprobend!  

Die Tagung bietet verschiedene Austausch-, Diskurs- und Erprobungsräume mit Impulsen, Vorträgen, Interventionen, Transferlaboren und Vernetzungsformaten! 

Wir möchten Zwischenräume denken und erproben! Sie auch?

Die Tagungsmappe digital unter: Tagungsmappe

Anreise

Die Anreise startet am Donnerstag, 16.03.2023 ab 13 Uhr in Schünemanns Mühle – Details in der unterstehenden Grafik oder unter https://www.bundesakademie.de/akademie/service/anreise/.

Adressen:

Schünemanns Mühle Rosenwall 17, 3800 Wolfenbüttel

Schloss Wolfenbüttel Schlossplatz 13, 38304 Wolfenbüttel

Programm

Donnerstag, 16.03.2023

13:00 - Anreise

ab 14.00h – Onboarding

Gästehaus der Bundesakademie Schünemanns Mühle, Rosenwall 17, 38300 Wolfenbüttel

15:00 - Begrüßung und Eröffnung

Mühlenfoyer

Tagungsteam 

Grußwort von Dr. Markus Braig, Bundesministerium für Bildung und Forschung 

15:30 - Auftakt Experiment Wissen - Experiment Wissenstransfer

Mühlenfoyer

Impulse und Erkenntnisse aus dem Verbundprojekt Witra KuBi 

Elke Harnisch-Schreiber, Anne Hartmann, Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss, Lisa Unterberg 

Tagungsbegleitende Formate und Interventionen

Mühlenfoyer

Graphic Recording Johanna Benz, graphicrecording.cool 

Künstlerische Intervention travelling objects:

Die künstlerische Intervention 'travelling objects' begleitet die Tagung mit inszenierten Fundstücken. 'Travelling objects' zirkulieren und werfen die Frage auf, wie individuelle und kollektive Sinn- und Bedeutungszuschreibungen als Praxis entstehen.

17:00 - Kaffeepause

17:15 - Verhältnisbestimmungen

Mühlenfoyer

Kurzimpulse und Diskussionsformate zu Schwerpunktthemen der Tagung mit Mona Jas (KinderKunstLabor, St. Pölten), Türkân Deniz-Roggenbuck (Kulturton, Braunschweig) & Luise Fischer (MetaKLuB, Uni Leipzig)

19:00 - Gemeinsames Abendessen

Speiseräume Hauswirtschaft + W2 + W3

20:00 - Informeller Ausklang

Mühlenfoyer

Freitag, 17.03.2023

09:15 - Parallele Panelgespräche

mit verschiedenen Kurzvorträgen und Impulsen:

Panel 1: Wissen ist Macht!? Machtkritischer Umgang mit Wissen - Mühlenfoyer

  • Ausstellungen sind Orte von Wissenstransfer. Durch verschiedene Praktiken und Medien des Transfers – Displays, Ausstellungsgestaltung, Texte, Videos, aber auch auditive, performative oder partizipative Elemente und Formate der Bildung und Vermittlung – wird ausgewähltes Wissen an ein Publikum vermittelt. Doch wessen Wissen wird hier sichtbar? Welche Wissensformen finden sich in Ausstellungen – und für wen sind sie zugänglich? In diesem Beitrag sollen die Ausstellungen „Berge versetzen“ am GRASSI Museum für Völkerkunde in Leipzig und „Leerstellen.Ausstellen“ im Humboldt Forum in Berlin im Hinblick auf ihren Umgang mit Wissensformen und Wissenstransfer genauer betrachtet werden. Daraus abgeleitet werden Möglichkeiten von Praktiken des Verlernens und eine kritische Annäherung an Wissensparadigmen in Museen.

    Praktiken des Verlernens werden als Strategien eines kritischen Wissenstransfers eingeführt. Verlernen ist dabei keine Umkehr von Lernen als Wissenstransfer – es ist explizit kein Vergessen. Verlernen setzt den Fokus auf das Hinterfragen bestehender (Wissens)ordnungen und möchte „über die eigenen Wissensbestände hinausgehen“ (Landkammer: 2021, S. 15). Dabei eröffnet es Möglichkeiten des „Regelbrechens“ (vgl. Castro Varela: 2017) und der „affirmativen Sabotage“ (vgl. Dhawan: 2014). Der Beitrag diskutiert anhand der beiden Ausstellungsbeispiele Museen als Lernorte und Orte des Wissenstransfers und prüft die Möglichkeiten einer Entwicklung von Museen zu Verlernorten.

  • Ein ästhetisch-theatraler Zugang zu Wissenstransfer ermöglicht es, die Weitergabe von kulturellem Wissen und Machtdynamiken in der (szenisch gestalteten) pädagogischen Praxis sichtbar werden zu lassen. Wissen wird als etwas verstanden, das mit Machtstrukturen verknüpft sein kann, die in sozialen Praktiken relevant werden und weitergegeben werden. Wissenstransfer bezieht sich somit auf die Agierenden in der pädagogischen Praxis. Dabei wird auf die Metapher der Gabe zurückgegriffen. In den Videoszenen eines theaterpädagogischen Projektes in einer Willkommensklasse werden Gaben mehrfach, z. B. als (imaginäre) Geburtstagsgeschenke, thematisiert. Auf Grundlage der ästhetisch-theatralen Perspektive hat sich die Metapher der Gabe als ein gesellschaftskritischer Zugang zur Weitergabe von Wissen herauskristallisiert, der es in zweifacher Weise ermöglicht, dem „Heilsversprechen“ (Ehrenspeck 1998) des Ästhetischen entgegenzutreten. Erstens lässt sich gabentheoretisch zeigen, inwiefern beim Wissenstransfer aufgrund der „Verquickung von geistigen Bindungen“ (Mauss 2016, S. 39) eine „magische […] Macht“ (ebd., S. 36) mit der Weitergabe verknüpft sein kann. Mit Derrida (1993) lässt sich dem zweitens hinzufügen, dass dabei Kontexte der Aneignung von Wissen – auch mit ihren imaginären Ängsten oder Wünschen – in den Hintergrund geraten, vergessen werden und somit unsichtbar werden können. Ein ästhetisch-theatrales Verständnis von Wissen als Gabe, kann dazu beitragen, Verwobenheit gesellschaftlicher Machtverhältnisse in den Blick zu nehmen.

    Fragen

    Was bedeutet ein gabentheoretisches Verständnis von Macht für die Praxis der Kulturellen Bildung?

    Inwiefern kann ein ästhetisch-theatraler Blick dazu beitragen, Machtstrukturen von Wissen hinsichtlich ihres imaginären Gehaltes (empirisch) zu betrachten?

    Inwiefern kann Theaterpädagogik es ermöglichen, die Machtstrukturen von Wissen in der Praxis erfahrbar werden zu lassen?

  • In ihrem digitalen Austauschprojekt „WIN-HAM: Connected Generations“ haben sich junge Künstler_innen aus Windhoek und Hamburg digital vernetzt, um sich – ausgehend von ihrem gemeinsamen kolonialen Erbe – auszutauschen, was sie heute verbindet. Sie mussten erkennen, dass das kolonial fortgeführte, global-eurozentristische Wissen ein abgründiges und beschränktes ist (Santos), welches auf einer gestatteten Ignoranz (Spivak) beruht. Zudem bleibt das World Wide Web ein Parasit für die menschliche Vorstellungskraft. Es nährt sich auch von diesem dominierenden Wissen, welches Zugänge verwehrt und anderes Wissen vereinnahmt.

    Ferner suchen diese jungen Menschen eine andere Positionalität in der Welt, in der alles miteinander verbunden und vernetzt ist. Innerhalb dieser wird es möglich, situiertes Wissen (Haraway) und Praktiken zu reaktivieren, um damit Wissen zu pluralisieren. Das bedeutet nicht-koloniale / nicht-globale / andere Wissenspraktiken in das globale Wissen zu transferieren. Dafür gilt es ein Denken in Verbindung zu üben. Unsere Vorstellungskraft lernt, im Erkenntnishorizont eines anderen mitzuspielen. Im Sinne einer transnational literacy (Spivak), die weder ignoriert, vergleicht noch vereinnahmt, sondern die lernt der Pluralität von Stimmen und Texten zuzuhören. Eine Lesart, die sowohl in unübersetzbaren Unterschieden einen Wert findet als auch lernt, von unten zu lernen.

    • Wie lassen sich postkolonial-situierte und globale Wissensformen miteinander verbinden (connected knowledge)?

    • Wie können wir transnationale Lesarten lernen in einer hegemonial-globalisierten Welt?

    • Welche Potenziale und Herausforderungen bringt dafür ein digitales Vermittlungsformat mit sich?

Panel 2: Vermitteln, übersetzen, netzwerken: Die Position von Mittler_innen-Organisationen in der Kulturellen Bildung - Kunstfoyer

  • Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich gibt es Initiativen zur Unterstützung der frühkindlichen Kulturellen Bildung. Im zentralistisch organisierten Frankreich hat das Kulturministerium die frühkindliche Kulturelle Bildung 2016 politisch verankert. Das 2020 gegründete deutsche Netzwerk Frühkindliche Kulturelle Bildung initiiert fachpolitische und strategische Impulse. Auch wenn die deutschen und französischen Herangehensweisen sich strukturell diametral entgegenstehen (Top-down vs. Bottom-up), ist beiden eine Multiperspektive wichtig unter Einbeziehung von Künstler_innen, Kulturinstitutionen, Kita- und Verwaltungsfachleuten sowie der Wissenschaft.

    Das Netzwerk Frühkindliche Kulturelle Bildung und die Stiftung Genshagen gehen davon aus, dass grenzüberschreitender Wissens- und Erfahrungstransfer zu einer Stärkung der Akteur_innen beiträgt, 2021 riefen sie gemeinsam mit dem französischen Kulturministerium eine Veranstaltungsreihe zum themenbezogenen Fachaustausch ins Leben. Bei der Konzipierung interessierte uns, wie Theorieansätze und „best practice“ grenzüberschreitend wirken und welches Vorwissen über Strukturen und Diskurse im jeweils anderen Land bekannt sein müssen, um dieses Wissen einordnen und übertragen zu können.

    Bei der Tagung präsentieren und diskutieren wir, wie sich grenzüberschreitend Transfer ermöglichen und organisieren lässt: Was kennzeichnet einen gelungenen Wissens-, Erfahrungs- und Praxistransfer zur Kulturellen Bildung im grenzüberschreitenden Kontext? Zur Veranschaulichung zeigen wir Ausschnitte aus den Zoom-Gesprächen der Veranstaltungsreihe 2021-22.

  • Fachverbände in strukturschwachen Regionen übernehmen in besonderer Weise multiple Rollen und Funktionen gegenüber (Öffentlichkeit und) Stakeholdern. Als Ansprechpartner für Diskurs, Zugang, Vernetzung und zugleich Wissenstransfer etc. müssen ihre Projekte und Maßnahmen in besonderer Weise verschiedenen Anforderungen zugleich entsprechen, um wirkmächtig und zugänglich zu sein.

    Welche strukturellen Leerstellen können durch Maßnahmen Kultureller Bildung geschlossen werden? Wie kann dabei zugleich der Heterogenität ihrer Zielgruppen entsprochen werden? Diese Fragen möchten die fünf Verbände gemeinsam mit den Tagungsteilnehmenden diskutieren.

Panel 3: Im Dazwischen: Kommunikation, Kollaboration und Kooperation für Wissen und Transfer - Hofsaal

  • Akteur_innen in Art Education und Kultureller Bildung stehen angesichts aktueller gesellschaftlicher, politischer und ökologischer Unsicherheiten und Krisen vor neuen Problemstellungen. Um den Fragen nach dem „Wie“, „Wo“ und „Womit“ des Lehrens, Lernens und Forschens und den herausfordernden Entscheidungen über das „Was“ adäquat begegnen zu können, ist das Denken und Handeln im Dazwischen von großer Bedeutung. Es geht darum, Zwischenräume so zu verhandeln, zu gestalten und zu beschreiben, dass zwischen Positionen, Disziplinen und Akteur_innen neue Sichtweisen und Spielräume in Art Education entstehen können. Doch wie und mit wem soll dieses Wissen verhandelt, gestaltet und beschrieben werden? Welche Settings fördern einen hierarchiefreien, respektvollen und zukunftsfähigen Austausch? Welche Wissensformen und Praxen entstehen daraus?

    In „collaeb“ werden gemeinsam mit Akteur_innen aus Schule, Hochschule, Kultur und Bildung praxisfeldübergreifende Formate entwickelt, in denen diese Fragen bearbeitet und den gegenwärtigen und zukünftigen, individuellen und kollektiven, fachlichen und übergreifenden Herausforderungen begegnet werden kann. Im Rahmen des Vortrags wird vorgestellt und diskutiert, inwiefern insbesondere durch Digitalität und Kollaboration geprägte Ansätze eingesetzt werden können, um verschiedene Erfahrungen, Wissensformen und Praxen wechselseitig zu befragen und hinsichtlich ihrer Wirkungsweisen zu vernetzen.

  • Wir sprechen als Mitarbeiter_innen im Metavorhaben „Kulturelle Bildung im ländlichen Räumen“ (MetaKLuB) über die Rolle von Sprache im Wissenstransfer in der Kulturellen Bildung. Wir geben Einblicke in die Übersetzungsarbeit in der Wissenschaftskommunikation zu Kultureller Bildung in ländlichen Räumen. Es geht um die vermittelnde Rolle zwischen Akteur_innen aus unterschiedlichen Forschungsfeldern, der kulturellen Bildungspraxis, Politik und der breiten Öffentlichkeit und die Herausforderung, wissenschaftliche Fachsprache in leichte Sprache zu übersetzen. Es ist allgemein bekannt, dass eine komplizierte Sprache eine ausgrenzende Wirkung haben kann. Natürlich erleichtert und verkürzt Fachterminologie die Kommunikation, und oft soll es ja auch schnell gehen. Im Zusammenhang mit Wissenstransfer kann die abstrakte Sprache jedoch ein Hindernis darstellen und diejenigen, die sie nicht gelernt haben, einschüchtern und damit den Austausch verhindern.

    Abgesehen von Hindernissen wie zeitlicher Kapazität, räumlicher Distanz oder Unwissenheit über Transferformate fragen wir uns: Wie können ganz konkret Sprachbarrieren abgebaut werden, um die Zugänglichkeit von Wissen zu vereinfachen?

  • Kulturagent_innen sind Expert_innen für die Entschlüsselung und Übersetzung von Sprach- und Verhaltenscodes, Verstehensweisen und Wissenssystemen. Diese Expertise hat sich aus der langjährig professionalisierten Über- und Weitergabe von Wissen an sehr unterschiedliche Institutionen und deren Personal entwickelt.

    Wie die Entschlüsselung, Übersetzung und Wissensweitergabe im Alltag gelingt und wer alles daran beteiligt ist, stellt der Bundesverband „Kulturagent*innen für kreative Schulen" (BVKA) aus der Projektpraxis zwischen Schule, Kultur, Verwaltung, Wissenschaft und den Künsten in mehreren Beispielen vor.

Panel 4: Wissen und Wissensordnungen erforschen  - Theaterdach

  • Wir verstehen Wissen vor dem Hintergrund kontingenztheoretischer Perspektiven als kulturspezifische Prägung von sozialen Ordnungen. Im Anschluss an das Verbundprojekt „Passungsverhältnisse Kultureller Bildungsnetzwerke und Kultur(en) in ländlichen Räumen im Kontext sozialer Teilhabe (BMBF)“ befassen wir uns mit der Frage nach dem Verhältnis regionaler ländlicher Kulturen und dem Stil Kultureller Bildung sowie dessen Relevanz für den (Wissens-)Transfer im Kontext von Kultureller Bildung in ländlichen Räumen.

    In dem Beitrag werden empirische Ergebnisse vorgestellt, die verdeutlichen, dass insbesondere die Auseinandersetzungen um Bewahrung, Aneignung und Durchsetzung von Wissensordnungen in Projekten einer Kulturellen Bildung in ländlichen Räumen als ein zentrales Element von Transfer beschrieben werden können. Daraus resultiert, dass dieser Transfer für die jeweils anderen nicht ohne Kosten zu haben ist. (Wissens-)Transfer in der Kulturellen Bildung in ländlichen Räumen scheint damit spannungsvoll und ambivalent. Diese Spannungen führen jedoch zu Aushandlungsprozessen, die genau jenen Umgang mit „Vielheit“ (Rancière 2018) in ländlichen Räumen etablieren, der moderne gegenwartsdemokratische Gesellschaften kennzeichnet. Die Ansprüche an Kulturelle Bildung werden darüber jenseits der oft thematisierten Hoffnungen hinsichtlich einer Kooperation auf Augenhöhe oder der Stabilisierung von Gemeinschaft in überraschender Weise indirekt erfüllt. Gemeinsam möchten wir diskutieren, welcher Umgang mit diesen Spannungen im Kontext einer Kulturellen Bildung in ländlichen Räumen möglich ist.

  • „Auf das starke Bremsen folgt das sanfte Zu-Boden-Gleiten. Nun liege ich auf dem Rücken. Obwohl wir erst vor fünf Sekunden begonnen haben, atme ich schon sehr stark. Durch Adrenalin und die plötzliche Energieentladung angetrieben. Nun heißt es still daliegen und lauschen. Ich sehe nur die Decke des Tanzsaals, spüre den Boden unter mir, wie er sich mit jedem Atemzug gegen meinen Körper drückt, höre mein Herz durch den ganzen Körper pumpen. Neben mir spüre ich die anderen Körper, ebenso still daliegend und sich gleichzeitig ständig in Nuancen bewegend.“ (Auszug aus ethnografischen Notizen, Poehlmann 2017)

    Ausgehend von dem qualitativen Ansatz der Autoethnografie möchte ich einladen, gemeinsam den methodologischen Diskurs zu Autoethnografie und zu besonderen Erfahrungs- und Wahrnehmungsdimensionen im Tanz kritisch nachzuvollziehen. Mit Hilfe von exemplarischen Auszügen aus meiner (Auto-)Ethnografie eines Tanzprojekts mit jungen Geflüchteten im Rahmen des Bundesprogramms ChanceTanz möchte ich Fragen nach dem Zugang zu spezifischen und subjektiven Erfahrungsdimensionen im Tanz und deren Repräsentation aufwerfen:

    • Eignet sich Autoethnografie als Methode zur Erforschung erfahrungsbasierter Bildungsprozesse im Tanz und als Möglichkeit des Wissenstransfers von subjektiven Erfahrungen in und durch Tanz?

    • Für welche Erfahrungsdimensionen und welches spezifische Wissen könnte eine derartige Herangehensweise an Tanz besonders geeignet sein?

    Dabei freue ich mich über einen (ergebnis-)offenen Austausch und gemeinsamen Suchprozess zu diesem Forschungsansatz.

  • Im Vortrag werden Ergebnisse einer Pilot-Studie zu ästhetischer Lehr-Lernforschung im Kontext universitärer Lehre vor- und zur Diskussion gestellt. Studierende wurden dort mit einer Vielzahl homogenen Materials (Klopapierrollen) konfrontiert und bekamen die Aufgabe, sich über einen längeren Zeitraum damit auseinanderzusetzen. Grundlegend wird dabei der Frage nachgegangen, wie sich die Gestaltungsprozesse hinsichtlich eines Wechsels von empfangenden und hervorbringenden Momenten beschreiben und inwiefern sich verschiedene Arten von Gestaltung rekonstruieren lassen.

    Die Frage, wie etwas Sinnhaftes im Zuge dieses Wechselspiels entsteht, ist dabei zum einen anschlussfähig an erkenntnistheoretische Diskurse und der Frage, wie neues Wissen entsteht. Zum anderen soll kritisch zur Diskussion gestellt werden, inwiefern Momente von Offenheit und Irritation in solchen Gestaltungsprozessen im Sinne eines Transfergedankens auch auf wissenschaftliche Verstehensprozesse übertragen werden können.

    Im Rahmen des Vortrags steht also nicht ein bestimmter Wissensbegriff im Vordergrund, sondern vielmehr eine Art Haltung, die es ermöglicht, neues Wissen im wissenschaftlichen Kontext zu generieren. Diskutiert werden soll mit den Teilnehmer_innen des Panels, inwiefern die in den Gestaltungsprozessen gemachten Erfahrungen der Offenheit und Irritation diese grundlegende Haltung besonders ermöglichen oder fördern und somit auch für wissenschaftliche Verstehensprozesse fruchtbar gemacht werden können.

11:15 - Pause/Ortswechsel

11:45 - Themencluster des Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung

Die Cluster setzen sich mit einem spezifischen Themenaspekt der Forschung Kultureller Bildung auseinander und verhandeln diesbezügliche Fragestellungen im Rahmen selbst organisierter und gestalteter Veranstaltungen und Formate. Forscher_innen und Praktiker_innen, die sich in einem Cluster zusammenschließen, geben Einblick in ihre Arbeit im Netzwerk: 

Cluster  

  • Das Cluster Kulturelle Bildung und Diversität beschäftigt sich hinsichtlich verschiedener Differenzverhältnisse mit Fragen nach Ein- und Ausschlüssen in der Kulturellen Bildung. Im Sommersemester 2022 und Wintersemester 2022/23 veranstaltete es eine Online-Vortragsreihe zu Klassismus und Kulturelle Bildung (konzipiert und organisiert von Thomas Blum, Adrianna Hlukhovych, Stefanie Kiwi Menrath und Josefine Siebert). Auch der Fokus des Cluster-Slots auf der Netzwerktagung, der aus Inputs und interaktiven Anteilen besteht, liegt auf einer Auseinandersetzung mit diesem Komplex unter besonderer Berücksichtigung der Haraway’schen situativen Perspektive und damit verbundener epistemologischer Überlegungen.

    Das Clustertreffen wird digital durchgeführt. Bitte selbstständig zuschalten.

    https://uni-leipzig.zoom.us/j/61531884587?pwd=M3pXVWpZeTM0RG1CUzIrQUk3YW94QT09

    Der Themencluster im Überblick

  • Der Workshop bietet einen Ein- und Ausblick, wie Interaktion und Partizipation in der Theorie und Praxis Kultureller Bildung verstanden wird. Themen sind: Die bisherige Beschäftigung mit bestimmten Diskursen im Cluster (z. B. rund um kollaborative Kunstpädagogik), die Arbeits- und Forschungsfelder der Mitglieder sowie die partizipative Arbeitsweise im Cluster. Dabei sind alle Teilnehmer_innen eingeladen, sich einzubringen. Gemeinsam werden dann die nächsten Projekte des Clusters entworfen.

    Der Themencluster im Überblick

  • Das Themencluster Kulturelle Bildung und Inklusion führt aktuell das Projekt „Sparkling! - Gemeinsam Improvisieren“ ein Projekt zur inklusionsorientierten Hochschullehre durch. Für den Cluster-Slot im Rahmen der Tagung planen wir einen internen Austausch über den derzeitigen Stand an den beteiligten Hochschulen. Wir nutzen diesen Termin für ein vorbereitendes Arbeitstreffen, bevor die Improvisations-Seminare ab April starten.

    Der Themencluster im Überblick

  • Ausgehend von einem Verständnis, das Kulturelle Bildung auf die ganze Lebensspanne bezieht, greift das Cluster Kulturelle Bildung und Lebensalter Fragen und Aspekte auf, die sich auf verschiedene Lebensphasen beziehen. Inwiefern gibt es beispielsweise lebensphasenspezifisch geprägte Themen und Bedarfe im Hinblick auf Kulturelle Bildung und wie werden diese in Angeboten einbezogen und aufgegriffen? Das Cluster bringt durch die verschiedenen Hintergründe der Mitglieder Forschungs- und Praxisperspektiven in Dialog und diskutiert Desiderate, Interessen und Wissensformen, die sich in und zwischen den Ebenen zeigen. Ein Schwerpunkt liegt bislang auf dem Erwachsenen- und höheren Alter.

    Im Tagungsslot ist nach einer Einführung in die Arbeit des Clusters Ralf Otto zu Gast und wird über das Projekt „DanceOn60+“, ein zeitgenössisches Tanzprojekt für Senior_innen berichten. Ulrike Gerdiken wird einen Einblick in ihr Forschungsprojekt „EigenART“ geben, in dem sie die Motivation von Studierenden für ein kulturelles Engagement an Hochschulen untersucht hat.

    Das Clustertreffen wird hybrid durchgeführt. Der Link lautet wie folgt: [Link wird nachgereicht]

    Der Themencluster im Überblick

— 13:15 Mittagspause —

Speiseräume Hauswirtschaft + W2 + W3

14:30 Parallele Transferlabore

erprobungs- und austauschorientierte Transferlabore

Parallele Transferlabore

  • Die performative Führung ist ein künstlerisches Vermittlungsformat; ein inszeniertes Gruppenerlebnis, welches Wissenserweiterung und Sensibilisierung für den Raum vereint. Welches Wissen dabei in den Teilnehmer_innen hervorgeholt wird, ist sehr individuell, denn es wird aktiviert durch Erinnertes und Erlebtes. Die Performative Führung gibt Impulse zur Auseinandersetzung, und weckt die Fantasie.

    Im ersten Teil führe ich die Teilnehmer_innen durch eine Gegend Wolfenbüttels und rege an, den Blick auf Gewohntes zu verändern. Im anschließenden Workshopteil vermittle ich Methoden des Erzählens, stoße an, Realität und Fiktion zu verknüpfen und lade ein, Raum körperlich und akustisch neu zu betrachten. Gemeinsam decken wir auf, dass an einem Ort viele Dinge gleichzeitig stattfinden. Anhand der partizipatorischen Führung stelle ich auch die Frage, wer ist „Autor_in“ unseres Wissens? Und, schreibt sich „erlebtes“ Wissen intensiver in Einem_r ein, als rein veräußertes?

    Bitte wetterfeste Kleidung und Schuhe mitbringen.

  • Der Begriff Commons bezeichnet Ressourcen, die aus selbstorganisierten Prozessen des gemeinsamen bedürfnisorientieren Produzierens, Verwaltens, Pflegens und/oder Nutzens (Commoning) hervorgehen. Neben gemeinschaftlich genutzten Forst- und Ackerflächen oder Open-Source Lizenzierung von Software wird auch immer wieder Wissen als mögliches Common erwähnt. Doch wen umschließt die Idee des „Gemeinschaftlichen“ (nicht)? In einem interaktiven Format werden wir die Kernaspekte Commons-basierter Praktiken erkunden und untersuchen, wie ihr Potenzial als zukünftiges Konzept für Wissenstransfer mobilisiert werden kann und welche Rolle dabei ein feministischer Ansatz spielen könnte.

    Der praktische Umgang mit Commons kann post-kapitalistische Formen des Austauschs von Werten, des Teilens, des Zusammenseins und der Entscheidungsfindung beinhalten und damit Bedingungen schaffen, um soziale Gerechtigkeit und ein gutes Leben für alle zu fördern. Aus dieser Perspektive heraus wollen wir Aspekte des Wissenstransfers erkunden:

    • Was lernen wir über Praktiken des Wissenstransfers – wenn wir „Wissen“ als potenzielles Gemeingut verstehen?

    • Setzt eine gemeinschaftliche Sorge Formen von Wissenstransfer voraus?

    • Wer verwaltet Wissen als Common, welche Ein- und Ausschlüsse bestehen?

    Beim Commoning geht es sehr stark um die Etablierung eines sozialen Miteinanders, ein gemeinsames Aushandeln, Denken und Imaginieren.

    Auf ein Intro und einen thematischen Input zu Commons folgt eine spekulative und vertiefende Arbeit mit Ton. Wer eine Schürze hat, kann diese gerne mitbringen.

  • Den komplexen Herausforderungen unserer Zeit in ihren lokalen Auswirkungen und planetarischen Verflechtungen zu begegnen, erfordert die Zusammenführung und den Transfer unterschiedlichster Wissensformen und Praktiken. Bislang häufig unerhört bleiben dabei jedoch nicht-menschliche Entitäten.

    Das Lab fragt deshalb, welche Möglichkeiten der Kommunikation und des Wissenstransfers zwischen menschlichen und nicht-menschliche Entitäten bestehen und wie unterschiedliche Entitäten aufeinander bezogen sind.

    Durch das gemeinsame Erproben unterschiedlicher multisensorischer Praktiken des sich in-Beziehung-setzens mit nicht-menschlichen Entitäten – u. a. durch Soundwalks (Oliveros 2022) und Mappings – werden Resonanzräume betreten, unerwartete Kollaborationen eingegangen, „Denklandschaften“ und Muster nachgezeichnet, und Spekulationen über Verständigungsprozesse mit der lokalen Mit-Welt angestellt (u. a. Haraway 2018, Braidotti 2019, Kimmerer 2021), die im Anschluss in einem erweiterten Fischbowlformat gemeinsam reflektiert werden.

    Wissenstransfer wird dabei als reziproker Akt und Mediation verstanden, der in einem temporären, interaktiven, praxisorientierten, relational und transformativen Lab-Raum nomadisch-subjektiver und kollektiver Erfahrungsprozesse realisiert wird. Als Bezugspunkte und Grundlagen werden System-, Ziel- und Handlungswissen aus der transdisziplinären, transformativen Forschung (vgl. u. a. Schneidewind & Singer-Brodowski 2013) aufgegriffen und mit feministisch-dekolonialen Perspektiven und Ansätzen aus kritischer Theorie, Post- und Transhumanismus, Queer Ecologies, Bildungs- und Kulturwissenschaften verwoben.

    Das Labor findet z. T. draußen statt. Bitte wetterfeste Kleidung und Schuhe mitbringen.

  • Im Labor Probierbewegungen soll der impulsgebenden Kraft des Materials in Prozessen der Kulturellen Bildung nachgespürt werden.

    Ein die Widerständigkeit eines Materials reflektierender Input öffnet sich in den experimentellen Raum eines Erfinder_innen-Labors. In diesem können sich in vielfältigen Materialbegegnungen Spielräume für die Sinne, das Denken und letztlich das Wissen entfalten.

    Wissen generieren bedeutet im Materialhandeln nicht unverrückbare Gewissheit erlangen, sondern im experimentell forschenden Arbeiten etwas herausfinden können. Ein solches künstlerisches Wissen entwickelt sich als Möglichkeit, die erwächst aus und in der ästhetischen Erfahrung. Für die Teilnehmer_innen kann es im eigenen Tun greifbar werden und zum Austausch über das Potenzial des gefühlten Wissens anregen.

    Die Teilnehmer_innen treffen mit einem materialen Gegenüber zusammen. Sie machen in diesen Zusammenkünften unterschiedlichste Erfahrungen, reiben sich am Anderen, lassen sich aufeinander ein, werden mitgerissen, abgestoßen, erleben gemeinsames Handeln oder tauchen ergründend ein. Eine Sache ergründen zu wollen, bedeutet dabei nicht sie zu beherrschen, sondern sie selbst zur Sprache zu bringen und sie dadurch auch als sie selbst und für sich selbst zu begreifen. „Popper spricht von Probierbewegungen. Es sind experimentelle Bewegungen. Das probeweise Verrücken oder auch Verrücktsein, gepaart mit extremer Wachsamkeit für das Umfeld und dem Willen, sich genauso gerne zu verlieren wie sich durchzusetzen, das sollte jeder lernen dürfen“ (Bertram 2017: 36).

  • In diesem Transfer Labor betrachten wir Praxis- und Forschungsprozesse der Kulturellen Bildung aus der Perspektive von Situiertheit. Inwiefern stellt diese Perspektive eine Möglichkeit dar, der Komplexität und Fragilität kultureller Bildungsangebote angemessen zu begegnen? (Vermittlungs-)Geschehen und künstlerische Prozesse sind stets eingebettet in eine bestimmte Zeit, an einem Ort, in ein Netzwerk spezifischer Akteur_innen, in soziopolitische Hintergründe und präsente Diskurse. Situiertheit betont diese Involviertheit und Bedingtheit (Magauer 2021). Somit ist jedwede (Vermittlungs-)Situation immer auch in gesellschaftlichen, sozialen, kulturellen und institutionellen Kontexten verankert (Eger/Klinge i. E.). Ausgehend davon möchten wir uns mit Fragen zu situiertem Wissen (Haraway 1998), der Gestaltung von Bildungsräumen und der eigenen Position auseinandersetzen.

    Das Labor versteht sich als Experimentier- und Austauschraum für Praktiker_innen wie Forscher_innen. Über verschiedene Entwicklungslinien nähern wir uns dem Begriff Situiertheit, nutzen die eigene Bewegungspraxis sowie das Reflexionsinstrument X-It (Spahn/Stern 2021), um in einen Austausch über blinde Flecken und die eigene Involviertheit zu kommen. Ziel ist die Sensibilisierung für individuelle Arbeitsweisen, unterschiedliches Erfahrungswissen, biografische und professionelle Besonderheiten und das Erfahrbar machen der körperlich-leiblichen Dimension von Forschung und Praxis.

16:30 Kaffeepause / Ortswechsel

17:00 Tagungskommentare

Mühlenfoyer

Zwischen-Reflexionen und Übersetzungen mit Nina Stoffers (Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen e.V.), Johanna Benz (graphicrecording.cool) & travelling objects

17:30 Markt des Wissens

Dialog-Räume zum Vernetzen und informellen Austausch sowie offene interaktive und installative Formate, u. a. zu:   

Markt des Wissens - Mühlenfoyer

  • Beteiligung schaffen! Dieses Anliegen der Kulturellen Bildung ist ein bedeutsames und gewichtiges. Damit leitende Akteur*innen in diesem Berufsfeld wiederum selbst Gewicht und Bedeutung erlangen, durchlaufen sie in der Regel eine akademische Ausbildung.

    Was aber wenn sich Menschen aus einer Familie mit wenig ökonomischem und anderem kulturellen und sozialen Kapital auf diesen Bildungsweg begeben und Beteiligung erlangen wollen? Für Klassen-Reisende (vgl. Aumair/ Theißl 2020) ist dieser Weg meist durchzogen mit feinen Stolperfäden. Dabei sind es weniger die neuen Inhalte und Aufgaben als vielmehr die mit dem akademischen Feld verbundenen Praktiken, die Irritation und Verwirrung hervorrufen. Oft sind es Momente des Unbehagens, Momente, in denen, du anders wahrnimmst, dich überfordert fühlst, dich nicht zu sprechen traust, nichts zeigen möchtest.

    Wenn das Wissen, über das ich verfüge, nicht als Wissen anerkannt ist, werde ich auch nicht als wissende Person erkannt, sondern als ignorant markiert.

    María do Mar Castro Varela 2015

  • Wie schaffen wir es, dass sich im Kontext des Wissenstransfers in der Kulturellen Bildung alle Akteur_innen angesprochen fühlen? Ziel ist es, einen offenen Austausch zwischen unterschiedlichen Wissensträger_innen zu schaffen. Das geht am besonders gut, wenn man sich gut versteht. Wenn es keine ausschließenden Sprachbarrieren gibt.

    Wir laden dazu ein, gemeinsam abstrakte Begriffe aus dem Bereich der Kulturellen Bildung zu sammeln, zu entwirren und einfache Umschreibungen zu entwickeln. Dazu fragen wir die Teilnehmenden nach den von ihnen gefürchtetsten Begriffen/Konzepten, werden selbst ein paar davon mitbringen. Und mal sehen, vielleicht hilft die künstliche Intelligenz bei der einfachen Definitionsfindung. Gemeinsam mit Wissenschaftler_innen, die die Fachsprache gut kennen, und Praktiker_innen, die möglicherweise ganz andere Vorstellungen und Eindrücke von bestimmten Begriffen und Konzepten haben, wollen wir Fachworte wie „Passungsverhältnis“, „dritte Orte“, „Tradierung“, „periphere Regionen“ und weitere, einfach umschreiben. Die Ergebnisse halten wir in einem kleinen Glossar fest, dass wir online zur Verfügung stellen. Auf diese Weise schaffen wir einen einfachen Zugang zu Umschreibungen, die dann von Personen genutzt werden können, die zu Wissenstransferformaten einladen. So können mehr Menschen ermutigt und motiviert werden, an Transferformaten teilzunehmen.

  • Kulturagent_innen sind seit fast 10 Jahren Initiator_innen und Begleiter_innen von Projekten der Kulturellen Bildung. Dabei agieren sie als Wissensspeicher für alle Angelegenheiten dieser Projekte: Verwaltung, künstlerische Qualität, Vernetzung, Präsentation, Finanzen uvm. Sie sind deshalb unerlässliche für die Entschlüsselung und Übersetzung von Habitus, Verstehensweisen und Wissenssystemen.

    Vertreter_innen des Bundesverbands „Kulturagent*innen für kreative Schulen“ (BVKA) berichten aus der Projektpraxis, wie Wissensaustausch gelingt und warum sie als Zwischenhändler_innen von Wissen in der Kulturellen Bildung gebraucht werden.

  • Wir machen Vorschläge für die Translation von Forschungsergebnissen aus Kultur- und Geisteswissenschaften in Projekte niedrigschwelliger transkultureller Bildung v. a. in ländlichen Räumen. Dabei verorten wir uns im Translationskorridor zwischen orientalistischer Grundlagenforschung (Transkulturgeschichte, Migrationsforschung, Turkologie) sowie transkultureller Bildungspraxis vornehmlich in den Feldern Literatur, Theater, GeoCaching, Kalligrafie und CrossMedia-Design.

    Wir plädieren mit unserem Konferenzbeitrag, unserem Konzept und unseren Produkten für einen kaleidoskopischen Ansatz, mit Kindern und Jugendlichen generations- und herkunftssensibel sowie mehrsprachig abhebend auf regional-spezifischer Transkulturgeschichte nachnutzbare Produkte (Klassenzimmerstücke, Wanderausstellungen, GeoCaching-Touren, Bücher etc.) zu erarbeiten. Die erarbeiteten Produkte erweitern dabei stets den Werkzeugkoffer der „Methode Pascha“ um in hermeneutischem Zirkel nächsten Projektgruppen als Basis zu dienen.

    Der Konferenzbeitrag wird als interdisziplinäres Best-Practice-Projekt aus wissenschaftlich-forschender Perspektive einerseits sowie aus praktisch-vermittelnder Perspektive andererseits vorgestellt.

    Per klassischem Powerpoint-Vortrag und Mitmach-Teil erfolgt Einführung zu Aufbau, Nachnutzungsmöglichkeit / Anschlussfähigkeit und Wirkung, gefolgt von GeoCaching-Safari im öffentlichen Raum von Wolfenbüttel als Best-Practice-Beispiel (Smartphone nötig).

  • Wir möchten gemeinsam mit interessierten Netzwerker_innen auf die 15. Netzwerktagung blicken und das Thema ausloten. Die Tagung soll im September 2024 an einem Standort der IU Internationale Hochschule stattfinden. Wir möchten eines der Gründungs- und Kernthemen des Netzwerkes aufgreifen und danach fragen, welche Methoden in Forschung und Praxis den vielfältigen Konzepten und Entwicklungen Kultureller Bildung entsprechen. Insbesondere interessieren uns kritische Perspektiven, die den Zusammenhang von „Methods make Culture – Culture makes Methods“ auffächern und reflektieren.

  • Produktbeschreibung

19:00 Ausklang beim Abendessen

Restaurantbesuch optional

Restaurant l’Oliveto, Lange Herzogstraße 44, 38300 Wolfenbüttel

Samstag, 18.03.2023

09:15 - Parallele Panelgespräche und Transferlabore

Panel 5: Wissenstransfer und soziale Praktiken von Wissen in ländlichen Räumen - Hofsaal

  • Im Fokus des Beitrags steht ein Forschungsprojekt, das an der Stärkung lokaler Werte und Tradierungspraxen ansetzt. In zwei Teilprojekten wurden Besonderheiten des Zusammenlebens in zwei ländlichen Regionen untersucht und gefragt, welche Bedeutung Kultur besitzt und wie sie zwischen Generationen weitergegeben wird. Von Interesse sind jene Wissensbestände, die im Dorfalltag selbstorganisiert ausgehandelt werden und aufgrund ihres informellen Charakters nicht in Gänze reflexiv zugänglich sind.

    Ausgangspunkt unserer Überlegungen zum Wissenstransfer ist, dass in Anlehnung an ein Differenzverständnis die Eigenlogiken von Wissenschaft und Praxis zu unterscheiden sind. In unserer Forschung wurden Transferleistungen explizit geplant: Auf Bürgerkonferenzen haben wir den Menschen unsere wissenschaftlichen Befunde zurückgespiegelt und Anlass gegeben, sich über Zukunftsperspektiven der Gemeinde auszutauschen. Darüber hinaus konnten wir im Forschungsprozess ungeplante Reflexionsprozesse beobachten, die auf Potenziale eines impliziten Wissensaustauschs durch Forschung verweisen.

    Vor diesem Hintergrund werden die Herausforderungen eines Wissenstransfers in informellen Settings Kultureller Bildung diskutiert, ehe am Beispiel unserer Forschung gezeigt wird, wie ungeplante Transferprozesse in der Feldforschung Ausdruck finden und als Brücke in die Lebenswelt der Menschen wirken kann und wie wir unsere Erkenntnisse in einen expliziten Wissenstransfer didaktisch übersetzt haben.

    Davon ausgehend sollen die Herausforderungen eines Wissenstransfers gemeinsam erfahrungsbasiert reflektiert werden.

  • Wir berichten über Transfergelegenheiten eines ethnografischen Forschungsprojekts, in dem künstlerische Teams begleitet wurden, die partizipativ mit der Bevölkerung ländlicher Regionen arbeiten. Als Wissenstransfer bezeichnen wir einen wechselzeitigen Prozess, der darauf zielt, Wissen, Methoden, Vorgehensweisen in einem anderen Kontext nutzbar zu machen bzw. es zu adaptieren (Küchler 2017). Entsprechender Transfer fand im Austausch mit Förderprogrammen, Künstler_innen und Teilnehmenden statt. Sehr wichtig für den Transferprozess war das persönliche Verhältnis, das sich im Laufe der ethnografischen Forschung zwischen den Akteursgruppen und uns Forschenden ergab.

    Durch die forschende Tätigkeit an diversen Orten, mit unterschiedlichen Akteursgruppen, konnten wir eine Vielzahl an Vergleichshorizonten in den Transfer einfließen lassen, die wiederum ergänzt wurden durch (neue) Perspektiven der Gesprächspartner_innen. Beispielsweise ermöglichte der Austausch den Förderprogrammen, die eigenen Vorstellungen und Strukturen mit anderen Programmen zu vergleichen und so Strategien für die eigene Arbeit herauszuarbeiten. Im Prozess wurden zudem Unterschiede im expliziten kommunikativen sowie impliziten handlungsleitenden Wissen (Bohnsack 2012) zwischen Künstler_innen, Teilnehmer_innen und Programmen deutlich, für die wir Vermittler_innen und Übersetzer_innen fungierten. Mit der Figur der „kritischen Raben“ (mehr dazu im Vortrag) ziehen wir aus unseren Erfahrungen einen strukturellen Vorschlag für temporär angelegte kulturelle Bildungsprojekte in ländlichen Räumen.

  • Was oder wer wären wir ohne Dialog? Was wäre Kulturelle Bildung ohne den Dialog? „Nichts“, könnte die Antwort auf diese scheinbar triviale oder sogar bedeutungslose Frage lauten. Der Dialog ist seit langem Ausdruck und viel beachtetes Konzept der (menschlichen) Begegnung – so auch der Zusammenarbeit von Wissenschaft und kultureller (Bildungs)Praxis. Ergebnisse zeigen, dass u. a. genau diese Zusammenarbeit bedeutend ist, wenn wir die Potenziale der Kulturellen Bildung (in ländlichen Räumen) weiter hebeln möchten. In unserer Arbeit im Rahmen des BMBF-Metavorhabens „Kulturelle Bildung im ländlichen Räumen“ (MetaKLuB) stellen wir fest, dass der Dialog im humanistischen Sinne jedoch nicht mehr immer unbedingt ausreicht für die Zusammenarbeit. Wir brauchen neue, umfassendere Formen der Beziehungsarbeit – des Dialogs bzw. Wissenstransfers.

    In diesem Beitrag nehme ich Sie mit in ein philosophisches-spekulatives Gedankenexperiment, in dem wir gemeinsam in den Dialog im posthumanen Sinne hineintauchen. Ich greife speziell auf posthumane/neue materialistischen Denker_innen zurück und lege einen posthumanen kreativ-relationalen Wissensbegriff zugrunde, um humanistische Konzepte des Dialogs zu erweitern. Ziel ist es, auf eine offenere und reflexive(re) Art des Denkens, Handelns, Wissens und In-Beziehung-Werdens hinzuarbeiten. Ich möchte Sie einladen, mit mir gemeinsam (mehr) zu experimentieren und ein kreativ-relationales Gedankenexperiment – performativ – zu durchleben.

Panel 6: Wissen macht Schule: Transfer und Beteiligung in und für Bildungsinstitutionen - Mühlenfoyer

  • Im Programm „Kulturarbeit an Schulen“ der NEUMAYER STIFTUNG wurden 2021/22 acht Schulen bei der Umsetzung von zweiwöchigen Kulturprojekten für Schüler_innen ab Klasse 7 gefördert. Im Zentrum standen theatralische, tänzerische oder handwerkliche Produktionen, die unter Leitung externer Expert_innen aus Kultur und Handwerk (Tänzer_innen, Schreiner_innen, Köch_innen etc.) erarbeitet wurden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung dieses Programms wurden Interviews mit den beteiligten Lehrkräften und externen Akteur_innen geführt, deren Auswertung Einblicke in die Zusammenarbeit der Beteiligten gibt. Ausgehend von den Befunden liegt der Fokus des Beitrags auf dem Wissenstransfer zwischen den Pädagog_innen und den externen Expert_innen, hier insbesondere bezüglich ‚pädagogischer Irritationen‘.

    Der Vortrag zielt darauf ab, Kriterien für tatsächliche Kooperation zu identifizieren, zu entwickeln und nachzuvollziehen, wie professionelles Wissen der Akteur_innen letztlich den Schüler_innen zugutekommen kann. Dem Beitrag liegt das Verständnis von professionellem Wissen, welches professionsbezogenes Handlungs- und Erfahrungswissen beinhaltet, zugrunde. Diese Auffassung berücksichtigt Multiperspektivität, geht aber davon aus, dass Wissen grundsätzlich teilbar ist und es objektives Sachwissen über überprüfbare Tatsachen gibt. Im Gespräch mit den Teilnehmer_innen sollen u. a. Fragen hinsichtlich der Kooperationsbedingungen zur Stärkung Kultureller Bildung in der Schule sowie der Entwicklungsförderung Jugendlicher durch gezielten Wissensaustausch von Lehrenden diskutiert werden.

  • Welche Rollen und Positionierungen nehmen die drei Akteure Wissenschaft, Praxis und Mittlerin (DKJS) im Rahmen des Programms „LiGa – Lernen im Ganztag“ in Hessen für Schulentwicklungsvorhaben zu Kultureller Bildung an Schulen ein? In diesem Vortrag soll am Beispiel des Themas Schüler_innen-Partizipation der Prozess des Wissenstransfers zwischen Theorie und Praxis beschrieben werden. Es wird auf konkrete Formate/Methoden eingegangen.

    Bei dem Programm LiGa handelt es sich um ein Programm zur Schulentwicklung in vier Bundesländern, das von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung umgesetzt wird. In Hessen liegt der Schwerpunkt auf der Begleitung von Schulentwicklungsvorhaben zu Kultureller Bildung mit agilen Methoden. Schüler_innen-Partizipation gilt als Gelingensbedingung zur Schulentwicklung im Bereich der Kulturellen Bildung (Krüger & Dengel 2017; Sturzenhecker 2017).

    Der zugrunde gelegte Wissensbegriff ist ein soziologischer (Luhmann 1987, S. 447ff.). Es wird davon ausgegangen, dass Schulsysteme verschiedenen Akteure inkludieren und im Rahmen der Lernreisen der Schulen bei ihren Schulentwicklungsvorhaben mit agilen Methoden in Resonanz versetzt werden, um Transfer und Innovation zu ermöglichen. Transfer ist kein zielgerichteter Prozess, sondern sollte in einem evolutionären Sinne verstanden werden (Luhmann 2008).

    Es schließt sich die Frage nach der Position von Wissenstransfer im Spannungsfeld von Theorie und Praxis an:

    • Ist Wissenstransfer ein evolutionärer oder ein zielgerichteter Prozess?

    • Kann er linear von der Theorie zur Praxis verstanden werden oder handelt es sich um einen wechselseitigen Austausch?

    • Welche Akteur_innen lernen von wem?

    • Wie beziehen sich Theorie und Praxis im Rahmen des Prozesses aufeinander und wie wird auf Komplexität und Partizipation reagiert?

Transferlabore

    • Welche Positionierungen und Wissensordnungen kommen in einem Setting zum Ausdruck, in welchem Lernende unterschiedlicher Herkünfte, Biografien und Übergangsprozesse gemeinsam künstlerisch-gestaltend arbeiten?

    • Wie können Verstehensprozesse charakterisiert werden, die nonverbal und performativ initiiert werden?

    • Welche Gelingensbedingungen spielen in diversitäts- und inklusionsspezifischen Settings eine Rolle, in denen vordergründig über Körper und Bilder kommuniziert wird?

    • Wie verständigen wir uns in einem Setting des genuin Nicht-Verständigen im künstlerischen Dialog über gemeinsame Wissens- und Praxisformen?

    In der Laborarbeit wird ein künstlerisch-praktischer (druckgrafische Experimente, performative Übungen) und reflexiver Dialog (Bild- und Vignettenanalyse) mit einem Kunstprojekt angeregt, in welchem sich ukrainische Schüler_innen an einem sächsischen Gymnasium gestaltend, experimentell und vor allem in performativer Bewegung mit dem Thema „Ankommen“ auseinandergesetzt haben. Die zu Kriegsbeginn geflüchteten Schüler_innen sind aktuell in unterschiedlichen Klassenstufen integriert und werden im Regelschulbetrieb nach sächsischem Lehrplan unterrichtet. Auf mehreren Ebenen ist dies sowohl für die Schüler_innen als auch für die Lehrenden eine große Herausforderung, da der Regelschulbetrieb nur bedingt Räume eröffnet, in denen sich die Lernenden selbstbestimmt künstlerisch-ästhetisch entfalten können. Das im Labor zu diskutierende Projekt versucht produktiv auf diesen Umstand zu reagieren. Der Sprache der Kunst kommt dabei ein ganz besonderer Stellenwert zu, insofern ihre Ausdrucksformen etwas zu erzeugen vermögen, das sich einer sprachlichen Kommunikation entzieht und somit neue Wissensanordnungen generiert. Sinnstiftung und Bedeutungsgenerierung, Verstehen und Wissen werden – so die Hypothese – im präsenten Agieren und in der Interaktion mit anderen Akteur_innen bzw. Artefakten konstituiert. Zwischen kommunikativen Gesten, körperlichen Handlungen und gestalteten Bildwelten entsteht ein künstlerischer Wissenstransfer, dessen Charakterisierung für das Gelingen kultureller Bildungsangebote besonders bedeutsam sein kann.

  • blaumachen – künstlerisch-praktische Aktion zum Mitmachen am MdbK – Museum der bildenden Künste Leipzig ist ein offenes Format im Ausstellungsraum. Das Publikum ist eingeladen, gemeinsam mit zwei Kunstvermittler*innen nachzudenken und praktisch zu handeln. Kunst und Kunstwerke werden hier als Resonanzfeld für die eigene Beschäftigung verstanden. Als Künstlerinnen und Vermittlerinnen haben wir das Format ein Jahr gemeinsam bespielt. Uns ging es darum mit dem Kunstwerk in einen Dialog zu treten, miteinander (kritisch) zu reflektieren und im musealen Raum durch praktisches und gemeinschaftliches Handeln zu intervenieren.

    Im Labor stellen wir unsere Vermittlungsimpulse und Methoden als sogenanntes Mashup in einer interaktiven Pop-Up-Ausstellung vor. Ergebnisse der gemeinschaftlichen künstlerischen Praxis von blaumachen werden an verschiedenen Stationen dokumentiert: künstlerisch, zugänglich, spielerisch, mit den Sinnen erfahrbar und humorvoll. Die Teilnehmer*innen können in der Ausstellung mit verschiedenen Materialien und Werkzeugen experimentieren und diese kommentieren.

    Dadurch entsteht ein gemeinsames Environment, welches die Bühne und Rahmung für unseren abschließenden performativen Vortrag bildet: In Zusammenarbeit mit den Labor-Teilnehmer*innen performen wir einen Vortrag über blaumachen. Die Inhalte knüpfen an die Erfahrungen und die Wahrnehmung der Teilnehmer*innen an, welche wir vor Ort gemeinsam gesammelt haben. Die Prinzipien von blaumachen - wie beispielsweise Konnektivität, formales und informelles Wissen sowie kollektive Lernprozesse - werden so in das Labor übertragen.

11:15 - Pause/Ortswechsel

11:45 - Tagungsabschluss

Mühlenfoyer

Abschlussreflexion und Ausblick mit Nina Stoffers, Lisa Unterberg, Johanna Benz, travelling objects

13:00 - Tagungsende


Die Tagung wird veranstaltet von der Geschäftsstelle des Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung an der IU Internationale Hochschule und dem Projekt Witra KuBi – Wissenstransfer in der Kulturellen Bildung der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel.  

Konzept: Anne Hartmann & Kerstin Hübner 

Committee: Christina Biundo, Jennie Bohn, Luise Fischer, Elke Harnisch-Schreiber, Anne Hartmann, Kerstin Hübner, Stephan Kaps, Sarah Kuschel, Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss, Julian Scheuer, Lisa Unterberg 

Tagungsorganisation & technische Betreuung: Marit Tote, Julian Scheuer, Lea Hinrichs, Maximilian Kuzaj, Greta Böringer, Maximilian Püschel, Marie Benthin, Vera Glaser 

Kontakt des Tagungsteams
Bei Fragen zum Programm wenden Sie sich an:
Anne Hartmann
Projektreferentin Witra KuBi
anne.hartmann@bundesakademie.de